Geologie und Erdgeschichte von Deutschland

Ruhrgebiet

Kaisberg-Formation

Die Kaisberg-Formation ist die erste flözführende Formation des Ruhrkarbons (Abb. 1). Sie wurde von der Sprockhövel-Formation abgetrennt, da diese anhand der Fossilfunde in das Namur C gestellt wird, während die Kaisberg-Formation in das Namur B gehört. Definitionsgemäß wird die Grenze Namur B/C an die Stelle des ersten Auftretens von Goniatiten der Gattung Gastrioceras gelegt.

Während zu Beginn der Namur-Stufe (Namur A) noch marine Bedingungen in der Vortiefe herrschten, änderten sich ab dem Namur B die Sedimentationsbedingungen in Richtung einer fluviatil und deltaisch geprägten Küstenebene, da die Subvariszische Saumtiefe im nördlichen Vorfeld des Variszischen Gebirges nun weitgehend mit Sedimenten aufgefüllt war und sich die Flüsse mit ihrer Sedimentfracht in das Becken vorbauen konnten.

Die Liegendgrenze zur Ziegelschiefer-Formation (Vorhalle-Schichten) befindet sich an der Basis des Grenzsandsteins, der auch die Bezeichnung Liegendste Werksandsteinbank führt. Die Hangendgrenze zur Sprockhövel-Formation wird an die Basis des marinen Cremer-Horizontes gelegt. Dieser folgt im Hangenden von Flöz Cremer. Schichten der Kaisberg-Formation sind nur entlang der Ruhr in Oberflächennähe oder sogar an der Oberfläche anzutreffen. Benannt ist die Formation nach dem Kaisberg bei Hagen-Vorhalle. Dort streicht ein Teil der Schichtenfolge innerhalb der Hiddinghäuser Mulde an der Oberfläche aus.

Abb. 1: Gliederung der Namur-Stufe im südlichen Ruhrgebiet und im Bergischen Land

Die Schichten der Kaisberg-Formation, die zusammen mit den anderen flözführenden Formationen zur Ruhr-Gruppe zusammengefasst werden, bestehen aus einer Abfolge von Ton-, Schluff- und Sandsteinen mit den ersten drei Steinkohlenflözen des Ruhrkarbons (Abb. 2). Innerhalb der Formation vollzieht sich also der Wechsel vom Flözleeren zum Produktiven Oberkarbon. Bei Flöz Sengsbank handelt es sich um das älteste abbauwürdige Kohlenflöz im Ruhrgebiet. Insgesamt ist die Flözführung der Kaisberg-Formation allerdings unbedeutend und unregelmäßig.

In der Kaisberg-Formation sind mehrere markante Sandsteine ausgebildet: u.a. der Grenzsandstein, der Kaisberg-Sandstein, der Sengsbänksgen-Sandstein (Kaisberg-Konglomerat) und der Sengsbank-Sandstein. Der Grenzsandstein lässt sich im Gelände gut verfolgen, so dass der Beginn der Kaisberg-Formation lithologisch gut erkennbar ist. Er wird entweder als Strandbarre oder als eine fluviatile Ablagerungen in einem Delta gedeutet. Der konglomeratische Kaisberg-Sandstein, der in der Wittener Hauptmulde bis zu 30 m Mächtigkeit erreichen kann, entstand in den verzweigten Rinnen eines verwilderten Flusssystems, das nach Westen entwässerte und im Bereich Hagen in eine Meeresbucht mündete. Schrägschichtung innerhalb des Sandsteinkörpers deutet auf Ablagerung und Erosion von Sedimenten in zahlreichen sich häufig verlagernden Flussrinnen hin. Die im Hangenden folgenden Sandsteine werden ebenfalls als fluviatile Rinnenfüllungen eines verwilderten Flusses angesehen. Die Sandsteine der Kaisberg-Formation haben im östlichen Ruhrgebiet ihre größte Mächtigkeit. Nach Westen hin nimmt diese ab, der Grenzsandstein setzt schließlich ganz aus.

Die zwischen den markanten Sandsteinen der Kaisberg-Formation liegenden Schichten, die insbesondere eine Wechsellagerung von Schluffsteinen mit geringmächtigen Sandsteinen darstellen, sind als küstennahe Brackwasserablagerungen entstanden. Sie zeigen Zeiten an, in denen das Meer wieder vorstoßen konnte und die Küstenlinie zurückdrängte.

Abb. 2: Stratigraphie der Kaisberg-Formation mit wichtigen Flözen und Sandsteinhorizonten; nach Jansen (1980); verändert

Literatur

Geologischer Dienst NRW (2020) [Hrsg.]: Integrierte Geologische Landesaufnahme in Nordrhein-Westfalen. - Erläuterungen zum Kartierprojekt Ruhrgebiet. - 176 S., 86 Abb.; Krefeld.

Jansen, F. (1980): Erläuterungen zu Blatt 4510 Witten. - Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1:25000, 176 S., 22 Abb., 20 Tab., 5 Taf.; Krefeld

Jansen, F. & Drozdzewski, G. (1986): Erläuterungen zu Blatt 4507 Mülheim an der Ruhr. - Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1:25000, 200 S., 18 Abb., 17 Tab., 4 Taf.; Krefeld

Juch, D. & Drozdzewski, G. (2010): Geologie des flözführenden Oberkarbons in Aufschlüssen beim Bau der Bundesstraße B 227n zwischen Essen-Kupferdreh und Velbert, Niederbergisches Land. - Scriptum 19: 5-35, 26 Abb., 2 Taf.; Krefeld

Kasielke, T. (2012): Exkursion: Hagen-Vorhalle, Geologische Exkursion am Kaisberg. - Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 3: 146-154, 7 Abb., 1 Tab.; Bochum

Rippert, K.H. (2012): Geologie im Rheinischen Schiefergebirge - Teil 2 Bergisches Land. - 192 S., 94 Abb.; Krefeld